Radtour 2006 im Herzen Deutschlands

Ferienwohnung in Inzell/Bayerische Alpen

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Ganz Europa wurde von einem Höhentief beherrscht. Deshalb fiel die Entscheidung über das Reiseziel erst wenige Stunden vor der Abfahrt. Wir fuhren der schlechten Aussichten wegen auch einen Tag später als geplant. Der Lahn-Radweg ist uns schon vor längerer Zeit aufgefallen und er gehört wirklich zu den schönsten. Nach der Mündung in den Rhein hatten wir nur wenige Kilometer bis zur Mosel bei Koblenz. Leider führt der Radweg anfangs oft auf dem Streifen unmittelbar neben der Bundesstraße, weshalb hohe Konzentration auf den Verkehr nötig ist. Später ist dann aber auf Radwegen abseits der Straße auch Zeit, die schöne Landschaft zu schauen. Wir entschlossen uns dann bei Konz, die Mosel zu verlassen und den Saar-Radweg zu fahren. Hier hatten wir mit dem waldreichen Hunsrück im engen Flußtal wieder ganz andere Eindrücke. Hinter Merzig nahmen wir die Höhe zum Bosbachtal, um an der Nahe wieder bei Bingen an den Rhein zu gelangen. Über Mainz, Wiesbaden, Frankfurt kamen wir bei Aschaffenburg ins Frankenland. Die Radreise beendeten wir in Gemünden, dem Eisenbahn-Knotenpunkt.

Sonntag, 30.4.2006 Für EUR 37,00 inkl. Räder fuhren wir mit dem Zug nach Marburg. In der Früh lag das Auto noch unter 5 cm Neuschnee. Auf der Fahrt hatten wir nette Unterhaltung mit Radlern aus Velden/Vils. Wir hatten bei Familie Giera vorgebucht.

Montag, 1.5.2006, 97 km, anfangs recht frisch, bis auf einen Regenschauer am Nachmittag trocken. Auf die geplante Besichtigung Marburgs verzichteten wir, weil das Wetter gut angesagt war. Auf sehr guten Radwegen im breiten Flußtal mit schönen Randhügeln passierten wir Giessen, fuhren nach Wetzlar mit schöner Altstadt rein, kamen nach Wellburg. In dieser Stadt mit dem Dornröschen-Schloß waren Ritterspiele, deshalb fanden wir auch keine Bleibe. In diesem Bereich ist der unmittelbar an der Lahn geführte Radweg besonders schön. In Aumenau sollten wir wegen des im Bau befindlichen Radweges über die Berge, weshalb wir die wenigen Kilometer nach Limburg mit dem Zug zurücklegten. Unterkunft zum Rentnerpreis im Merkury-Hotel ohne Frühstück. Am Abend besichtigten wir noch Limburg mit der schönen Altstadt und Dom.

Dienstag, 2.5.2006 90 km, trocken und warm

Nach Limburg gab es auch Strecken mit bergauf und -ab bis Dietz mit Oranienstein. Am Ende des Radweges bei Balduinstein kam gerade der Zug, den wir bis Obernhof nahmen. Bergstrecken folgten bis Nassau, dann wurde es wieder flach. Bad Ems ist ein ruhiger und großer Kurort, schön gelegen (Mutter war dort zur Kur). Fast zu schnell kamen wir nach Lahnstein mit der Mündung in den Rhein. Wir hatten nun einen der schönsten Radwege mit bester Beschilderung hinter uns, empfehlenswert. Reizvolle Landschaften mit Hangdörfern, Burgen, oft unmittelbar am Gewässer geführte gute Radwege und der ruhige, besonnene Menschenschlag findet man hier. Wir erreichten Koblenz und überquerten die Mosel. Hier beeindrucken gleich die "Wein-Wände" mit eingebauten Kellern und die hohe Autobahnbrücke. Leider verläuft der Radweg auf einem nur durch einen weißen Strich getrennten Teil der Straße. Hohe Konzentration ist im Begegnungsverkehr von mindestens 120 km nötig. Viel Rumschauen geht da nicht, ist nicht so schön. In Moselkern kamen wir sehr gut bei Frau Kalmes unter inkl. super Frühstück. Beste Übernachtung.

Mittwoch 3.5.2006 40 km, trocken und warm

Der Empfehlung der Vermieterin folgend ließen wir das Gepäck bei ihr und fuhren einige Kilometer hoch zum Parkplatz, wo wir dann zu Fuß die Burg Eltz erreichten. Eine sehr alte Burg, die durch geschickte Verhandlung vor der Zerstörung durch Triers Fürstbischof bewahrt wurde. Später stellten die Eltzer dann selbst den Bischof in Trier und sogar in Mainz. Recht interessant war die Führung, weil mangels Plünderungen noch viel der alten Einrichtung vorhanden ist. Besonders beachtlich ist der große Gobelin-Wandteppich mit dem jungen Sonnenkönig Ludwig XIV. Erst zur Mittagszeit nahmen wir dann unser Gepäck auf und schafften mit Ach und Krach die 40 km bis Bremm. Cochem ließen wir links liegen. Hier war zuviel Trubel. Wir fuhren Bremm rein, suchten die Franzen, Gartenstr. 52, Bremm, die Freunde unserer Gäste. Das Haus war aber verschlossen. Alle waren an diesem Tag im Weinberg. So wurden wir von einem Passanten kurzerhand beim Weingut Johann Josef Schmidt untergebracht. Wir fanden Mathias Elternhaus, gingen auf der Fahrstraße/Kreuzweg zum Gipfelkreuz des Kalmut, Deutschlands steilstem Weinberg. Gäste werden wir wegen falschem Schuhwerk beim Berggehen nicht mehr tadeln. Unsere Sandalen waren für den Fußweg runter nicht das Wahre. Es hätte auch noch einen Klettersteig gegeben. Ich ließ mich vom nochmaligem Besuch des Weinbauern Franzen nicht abbringen, weil ich den gleichen Wein wie Mathias trinken wollte. Recht erfreut zeigte sich die Mutter. So bekamen wir im Keller eine Weinprobe und nahmen dann auch 2 Flaschen mit. Dieser junge Meister hat den besten Wein, modernste Stahlfässer mit Zwischendeckel, damit keine Luft dazu kommt. Den Abend verbrachten wir auf dem Podest der Außentreppe bei Wein.

Donnerstag, 4.5.2006 105 km, warm, Ostwind

Am Morgen unterhielten wir uns noch kurz mit J.J. Schmidt sen... In Bremm beginnt auch das Gebiet "Schwarze Katz". An Zell fuhren wir vorbei bzw. durch, ebenso Traben-Trabach. In Bernkastl gingen wir in die Fußgängerzone, um uns einen Kaffee zu genehmigen. In allen Orten waren viele Besucher. Gerade in diesem Bereich gibt es schöne Landschaften mit sehr viel Weinbau. Unglaublich, daß diese Mengen verkauft werden können und getrunken werden. Wir wechselten mehrmals die Flußseiten. Bei Longuich hatte Anni die erste Luft raus am Vorderreifen. Zufällig kam Herr Sonntag mit dem Rad vorbei, der uns dann gleich mitnahm in seine Pension. Weil wir gleich 2 Tage blieben, bekamen wir das Zimmer mit dem großen Bad. Die Vermieter waren sehr bemüht, redeten gerne. Herr Sonntag reparierte mit Anni den Schlauch, während ich die Reserve aufzog. Hier wäre ein guter Platz für einen längeren Aufenthalt.

Freitag, 5.5.2006 Besuch per Bus in Trier, warm und schön

Der Busfahrer ließ die zugestiegenen Fahrgäste immer "fliegen", weshalb er von einem zufällig anwesenden Kontrolleur einen Rüffel bekam. Durch die Porta Nigra gingen wir in die schöne Innenstadt. Dom, Liebfrauenkirche, Kreuzgang, Krönungssaal Konstantins, Kaiserthermen, Amphitheater 100 m. Ch., Residenz, kurfürstliches Palais, Hafenkran aus der Römerzeit, alles haben wir gefunden und geschaut. Fisch bei der Nordsee gab es und Besuch der Weinstube gegenüber dem Dom auch. Bei unserer gründlichen Recherche bei der Bahnauskunft verzichteten wir trotz Sonderticket auf die Fahrt nach Luxemburg. Die bloße Nähe zu großen Geldhäusern würde keine Bereicherung in irgendeiner Art darstellen. Der freundliche Busfahrer bei der Heimfahrt setzte uns dann in Schweich ab. Die Vorbereitungen für das Weinfest am Abend waren fast abgeschlossen und so bekamen wir auch einen guten Schoppen. Wir beschäftigten mit unserem Gespräch den ganzen Pavillon. Interessant war der Umgang mit den Ernte-Polen, die Erbfolge und sonstige weinige Themen. Hier erfuhren wir sehr viel. Zu Fuß wackelten wir den Kilometer über die Brücke nachhause. Eine Feststellung noch an dieser Stelle: Im Gegensatz zu den lauten Rheinländern sind die Moselaner ein eher ruhiges, ernsthaftes und zurückhaltendes Volk.

Samstag, 6.5.2006 138 km, trocken und warm

Eine Rekordtag. Es wurde ganz schön heftig. Der Rückenwind brachte uns rasch vorwärts. Wir kamen gut durch Trier, riefen in Konz an der Saar-Mündung den Jubilar Steffi an und verließen die Mosel. Gut zu fahren ist auch an der Saar, wenngleich sich der Charakter durch die bewaldeten Hänge schnell ändert. Vorbei an Saarburg und Saarschleife trafen wir einen 57jährigen Radler, der uns statt Saarbrücken den Übergang zur Nahe über die Bosbachtalsperre empfahl. Viele Kilometer radelte er mit uns, verzichtete auf den Besuch seines Bräustüberls und führte uns hinter Merzig auf den Radweg, nun bergan. Wir könnten es bis 18 Uhr schaffen, es wurde 20,30 Uhr. Zwar fanden wir immer wieder den Weg recht gut, aber es ging bergauf und -ab. ca. 300 Höhenmeter mußten wir überwinden, oft nur durch Schieben unserer schweren Räder. Es war ein Härtetest mit Grenzbelastung. Durch den Tipp einer Hundebesitzerin landeten wir gut im Hotel Landhaus Mörsdorf in Neunkirchen a.d. Nahe.

Sonntag, 7.5.2006 90 km, sonnig und warm

Nach dem Bostalsee führte uns der Weg bergab und -auf über lange Schiebestrecken weiter Richtung Osten. Auf dem Truppenübungsplatz Baumholder wurde auch sonntags geschossen. Wir fuhren hinab nach Idar-Oberstein, wo offenbar Geld da ist. Anni hatte hier die 2. Platte, wieder ein Glassplitter. Danach gab es nur noch wenige Steigungen, wegen Umleitungen aber längere Abschnitte auf der Bundesstraße. Wir fanden einen geöffneten Weinhof, stärkten uns und bekamen im letzten Weindorf vor Bad Kreuznach beim Weinbauern Franzmann, Niederhausen/Nahe ein großes Zimmer. Bei Bauern ist offenbar alles größer. Der Wein für EUR 4,00 war gut, das Abendessen im gefüllten Wirtshaus auch. Heute berieten wir, ob wir am Neckar oder am Main weiterfahren wollen.

Montag, 8.5.2006 93 km, trocken, warm, viel Gegenwind

Auf die angebotene Kellerführung verzichteten wir am Morgen. Bad Kreuznach ist eine große Stadt mit schönen Parkanlagen und vielen Gradierwerken. Bei Bingen verharrten wir kurz, nahmen den Eiskaffee für EUR 4,30 nicht und fuhren rheinaufwärts nach Mainz. Über die hohe Autobahnbrücke fuhren wir nach Wiesbaden, kamen auf bekannter Strecke sehr gut durch. 20 km vor Frankfurt begannen wir mit der Zimmersuche. Flughafennähe und Messe machten die Sache schwierig, welche katastrophal im schlechtesten Quartier seit Beginn unserer Radreisen endete. Davor auch erfreuliches: Ein Hotelbesitzer fuhr mit dem Radl mit zu einem Privatquartier und zeigte uns dann den Fußweg über das Wehr. Dort eilten 2 gut 20jährige her und boten uns die Hilfe beim Rauftragen an, ebenso ein anderer junger Radler auf der anderen Seite. Respekt. Das Verweilen auf der Parkbank am Abend war schön. Vermutlich beim Abendessen in unserem "Hotel" holte ich mir eine brutale Magenverstimmung.

Dienstag, 9.5.2006 103 km, trocken und warm, kurzer Gewitterschauer am Nachmittag

Hätte ich wenigstens auf das Sparfrühstück verzichtet. Bald wurde mir schlecht und übel. Auf der linken Mainseite umfuhren wir problemlos das Höchst-Werksgelände und kamen immer auf dem Radlweg nach Frankfurt. Der Übergang zu Offenbach ist nahtlos, gleich danach kamen wir nach Hanau. Der Radweg war schön, mir nur schlecht. Bei den Papierwerken Aschaffenburg stinkt es gehörig. Aschaffenburg hat ein schönes Tor in der Stadtmauer. Leider mußten wir weiter. Ich brauchte mehrere Pausen. Erlenbach wurde uns empfohlen, aber es war zu modern und teuer. In Klingenberg landeten wir gut um Gasthof Anker , 1 Halbes Bier und 1 Schnaps besserten meinen Zustand nicht, Anni durfte alleine essen.

Mittwoch, 10.5.2006 107 km recht kühl am Morgen, dann warm und trocken, Gegenwind

Mit Fieber, bildete ich mir ein, gratulierte ich kraftlos der Jubilarin. Kaffee und 1 Brötchen aber sollten mir wieder auf die Beine helfen. Den Rest des guten Frühstücks hatte Anni für sich. Nach der Lebensgeschichte der Wirtin machten wir uns auf den Weg, kamen Collenberg vorbei genau zu Mittag, weshalb wir beim Günter keine Unruhe stiften wollten und genossen diese recht unspektakuläre Etappe, fuhren Wertheim rein und nahmen Kurs Richtung Lohr am Main. Wegen des frühen Nachmittags fuhren wir noch bis Gemünden, wo die Leiterin des Touristikübros gerade schloß, uns trotzdem viel vom Ort erzählte und uns auch den Gasthof Schubert empfahl, wo wir unterkamen. Etliche 100 Nachtzüge fahren hier durch, ist im ersten Moment störend. Mit so vielen Nachtarbeitern bei der Bahn hätte ich nicht gerechnet. Trotzdem eine gute und preiswerte Übernachtungsmöglichkeit. Wegen der Bahnhofsnähe entschlossen wir uns zur Rückfahrt am nächsten Tag. Mir ging es am Abend wieder gut. Trotzdem war jetzt die Luft raus. Das Geld war fast alle und die Aussicht auf ein geordnetes Leben zuhause war auch nicht schlecht.

Donnerstag, 11.5.2006 Bahnfahrt mit dem Bayernticket EUR 33,00 inkl. Räder

Problemlos und kurzweilig war die Fahrt nach Traunstein, wo uns die Steffi abholte.

863 km durch Landschaften mit deutscher Geschichte von höchstem Range. Besonders an der Mosel war das Werben um den Urlaubsgast deutlich. Im Frankfurter Raum kann es manchmal schwierig und teuer werden. Vor 2 Jahren hatten mir aber großes Glück im 4 Sterne-Hotel für EUR 60,00 in Frankfurt. Die Radwege waren durchwegs gut bis sehr gut. Einschränkend fällt die Bewertung für den ersten Moselteil hinter Koblenz wegen der Gefährdung durch Straßenverkehr aus. Der Nahewein gilt als Messwein und hat besondere Güte. Den besten Wein bekamen wir aber bei dem jungen Franzen in Bremm. Preiswert und gut ist der von J.J. Schmidt in Bremm. Bestes und zugleich günstiges Quartier war in Moselkern. Die Reise hat uns wieder dazu gedient, die Lebensverhältnisse anderwärts, die Gastfreundlichkeit, Lebensgewohnheiten und den Charakter dort kennenzulernen. Eine Feststellung dürfen wir treffen: Es ist den Deutschen schon besser gegangen, Übermut war nirgendwo erkennbar. Für uns war es eine schöne Reise.